Erstmalig zeigt die bechter kastowsky galerie in Wien den in Liechtenstein geborenen und ansässigen Künstler Roland Blum. Der Begriff ansässig ist bewusst gewählt, denn als Fotograf ist er hauptsächlich ausserhalb von Liechtenstein unterwegs, um seine Motive einzufangen – für die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten war Namibia das inspirierende Ziel seiner Reise.
Die bechter kastowsky galerie – bekannt für ihren Fokus auf Malerei und Skulptur – bietet erstmalig einem fotografischen Werk Raum, das mit zahlreichen Auszeichnungen und internationalen Preisen laufend gewürdigt wird.
Malerei kann sich detailverliebt oder mit einem gewissen Betrachtungsabstand der fotorealistischen Darstellung widmen. Es ist aber auch im Umkehrschluss möglich, dass Fotografie einen malerischen Gestus einfangen will und kann.
Entscheidend für die erstmalige Präsentation ist also die malerische Komponente seiner Fotografie, die laut Eigendefinition aber auch in Werkbesprechungen oder Preisverleihungen als abstrakte Fotografie bezeichnet wird. Zu sehen sind Luftaufnahmen von Wüstenlandschaften, die auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen sind, da die im Licht der aufgehenden Sonne eingefangenen Schattenspiele von Wüstenformationen im ersten Moment an kräftige Pinselstriche erinnern.
Damit wäre eigentlich schon alles gesagt, gäbe es nicht den widersprüchlichen Aspekt des Begriffes „abstrakte Fotografie“ im Zusammenhang mit dem gezeigten Werk von Roland Blum.
Der Sinn von Abstraktion ist in jedem Lebensbereich zugegen und liegt in der Regel auf der Fokussierung von Wesentlichem (wie in Schaltplänen, um ein technisches Bespiel zu nennen), der Darstellung von Details, die für das Ganze stehen bzw. Rückschlüsse auf das eigentlich Dargestellte zulassen können aber nicht müssen. Fotografie arbeitet aber in der Abstraktion in der Regel mit Defokussierung bzw. der Unkenntlichmachung des eingefangenen Sujets, um die Abstraktionsfähigkeit der Betrachtenden – oder anders ausgedrückt die Fantasie – anzuregen.
Roland Blum zeigt in seinen Fotografien aber hochauflösende Details im Ganzen, die keineswegs abstrakt sondern sehr real sind. Allerdings entstehen seine Fotografien aus grosser Distanz, aus beachtlichen Flughöhen und lösen jenen Effekt bei den Betrachtenden aus, der zurecht als Abstraktion bezeichnet werden kann, da er im Regelfall nicht unseren Sehgewohnheiten entspricht, selbst wenn wir mit Vielfliegerprogramm immer einen Fensterplatz reservieren und interessiert in die wolkenfreie Tiefe blicken wollen, um markante Orte unserer Flugroute erkennen zu können.
Dieser Abstraktionsvorgang wird also in uns beim Betrachten ausgelöst – er ist nicht vordergründig das gestalterische Moment in den Fotografien von Roland Blum, er ist aber klarerweise beabsichtigt. Das macht sein Werk so einzigartig, so speziell, so entdeckenswert.
Michael Woutsas