Kunstmagazin PARNASS - 29. Mai 2021
War die Skulptur ursprünglich noch an einen festen Ort gebunden und so oft nur mit einer Frontansicht ausgestattet – man denke hier an die frühen Grabplatten in Kirchböden, oder auch die sakralen Muttergottes Darstellungen in Nischen, deren Rückseite oft roh belassen wurden, so ist die Skulptur mit der Zeit immer mehr in den freien Raum gerückt, die Ansicht von allen Seiten, das wörtliche „begehen“ des Kunstwerkes wurde immer wichtiger und zentraler.
Diese Allansichtigkeit ist in den Werken von Mario Dilitz unumgänglich. Seine frontal stehenden teils menschengrossen Skulpturen zeigen Personen, die ohne grosse Mimik dem Betrachter entgegenblicken. Die Technik und die Formsprache ist eine durchwegs klassische und geht auf die Anfänge der Skulptur zurück: aus Holz geformt und geschnitzt. Doch die Figuren selber sind im hier und jetzt anzusiedeln. Ein kleiner Junge, der hinter seinem Rücken einen Gegenstand hält. Nur mit einem Badetuch um die Hüften gekleidet liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Surfbrett handelt, dass der Junge, gleichsam eines Bilder in den sozialen Netzwerken, hier trägt. Doch nein, er hält einen Fisch. Einen Fisch? Ja! Hier greift eine gewissen Ironie aber auch Surrealität mit ins Geschehen ein. Mario Dilitz Vorlagen für seine Figuren sind anonym. Oft verwendet er die Physiognomie schwarzer Menschen – nicht als politische Botschaft, sondern aus der Begebenheit heraus, dass er länger Zeit in Afrika war.
Mario Dilitz arbeitet bevorzugt mit diversen Holzsorten für seine Skulpturen. Anfänglich werden die einzelnen Hölzer miteinander verleimt, wobei die Leimspuren auf Grund der verwendeten Einfärbung des Leims nach Aussen sichtbar sind. Dieser entstandene Block wird dann ganz klassisch behandelt, das Holz wird abgetragen und befreit so den Körper, die Figur. An welchen Stellen, die meist rot oder schwarz erkennbaren Leimspuren sichtbar werden, ist anfänglich nur zu vermuten. Das Resultat verblüfft, ist es doch stets dieser Körper, der durch seinen starren Blick nach vorne den Betrachter in den Bann zieht.
Immer wieder kommt es vor, dass Dilitz einzelne Figuren dann in Bronze giessen lässt. Wie auch die Holzskulpturen weisen diese eine enorme Zartheit und Feinheit auf und lassen den Betrachter staunen. Klassisches Material, klassisches Medium trifft hier auf ein heutiges Weltbild.