Martin Schnur: Desillusion

Die zweite Einzelausstellung von Martin Schnur in der bechter kastowsky galerie in Wien vereint drei Medien der Malerei: teils grossformatige Leinwandarbeiten, kleinere Kupferarbeiten und Bleistiftzeichnungen, die auch in ihrer Präsentation als intim eingestuft werden können.

Lange Zeit galt die Malerei als eine Möglichkeit den sogenannten „Ausblick aus dem Fenster“ einzufangen und in den Innenraum zu bringen. Längst ist das Medium über diese Frage hinweg; neben der Abbildhaftigkeit der Natur sind die Abstraktion, die Verneinung, ja gar die radikale Auslöschung der Malerei legitim und anerkannt. Martin Schnur wendet sich jedoch ganz bewusst wieder diesem Wertecredo zu - nicht in seiner Malweise, aber in der Darstellung. So holt er in seinen bekannten Bild-in-Bild Arbeiten, den „Ausblick aus dem Fenster“ ins Bild, integriert diesen in seine Innenraumdarstellungen und lässt den Betrachter verweilen. Filmstills – eingefrorene Sequenzen - sind es, auf die wir blicken. Das Fenster wird von Martin Schnur durch die Kinoleinwand erweitert, gar ergänzt. Die Malerei in ihrer Erscheinung hat jedoch nichts mehr mit jener Täuschung zu tun, die dem Sinnspruch des Fensters innegewohnt hat. Schnurs Farbauftrag ist ein freier und gestischer. So scheint etwa in seinen Arbeiten „Bad Gastein“ nicht nur der Gebirgsfluss zu fliessen, sondern auch die Farbe. Diese wird offen und lasierend aufgetragen. Die Verwendung von Blattsilber verstärkt die eigene Lichtstimmung im Bild.

 

Auch der Bildträger Kupfer leitet diese Reflexion des Untergrunds in den Bildraum weiter. Martin Schnur verwendet die Farbe des Kupfers an sich als Farbmittel. Im Gegensatz zur Leinwand ist der Künstler hier gefordert schneller zu arbeiten, sich direkt auf den Bildträger einzulassen.

 

Eine Direktheit, die auch die Zeichnung impliziert. Hier wird mit einem schnellen Strich eine Figur dargestellt, welche in ihrer Erscheinung zwar einen Raum andeutet, welcher aber komplett weggelassen wird. Feine, meist kleinformatige Zeichnungen werden in der Ausstellung intim präsentiert. Gleichsam einer Kammermusik kann der Betrachter in die ruhige Welt der Zeichnung eintauchen – mit schneller sicherer Hand gesetzt.

 

Illusion und Irritation sind oft Begriffe, die in Beschreibungen von Martin Schnurs Werk vorkommen. Eine falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit. „Illusionen empfehlen sich dadurch, dass sie Unlustgefühle ersparen und uns an ihrer statt Befriedigungen geniessen lassen.“, so Sigmund Freud. „Desillusion“, nennt Martin Schnur nun die neue Ausstellung. Ein Begriff aus der Psychologie, der in sich den Grundtenor der Resignation trägt. Doch erst durch die Bereitschaft des Erkennens der Desillusion kann diese überwunden und ein neuer, ein erfüllter Weg eingeschlagen werden.