"Die von mir verwendeten Kammspachteln sind ein anonymes Werkzeug, sie ermöglichen mir ohne "persönliche Handschrift" zu arbeiten."
Jakob Gasteiger trägt seine Farbe in der Vorbereitung dick auf den liegenden Bildträger auf, um dann mit Hilfe einer selber hergestellten Kammspachtel aus Karton diese Farbe von der Leinwand wegzunehmen, einzig wo der Kamm seine Einbuchtungen hat bleibt die Farbe bestehen.
Diese Vorgehensweise, sowie das Resultat der Bilder beleuchtet einen konzeptuell-minimalistischen Aspekt der Malerei. Die Farbe wird nicht gestisch, expressiv und vermeintlich mit der erkennbaren Handschrift auf den Bildträger gebracht, nein, sie wird in einem anonym mechanischen Malakt weggenommen, die Geste findet einzig in der Bewegung des Kammes statt und lässt den Maler in seiner Expression dahinter nicht erkennen.
Und doch sind die entstandenen Werke mehr als reine Malerei. Sie sind Grenzgänger zwischen Tafelbild, Skulptur und Relief. Wenn Gasteiger immer wieder herkömmliche Materialien der Skulptur (Eisen, Glas, Aluminium) in seine Farben mischt, so bringt er die Gattungen damit in eine eigene für ihn schlüssige Verbindung. Es ist ein experimenteller Umgang mit Form, Farbe, Raum und Material. Diese Erweiterung des Malereibegriffs kann durchaus als konzeptionelle Askese umschrieben werden.
Jakob Gasteiger lebt und arbeitet in Wien und im Weinviertel im Nordosten Niederösterreichs
geboren 1953 in Salzburg, Österreich
1970-1974 Hochschule für Musik und darstellende Kunst, Salzburg
1990 Faistauer Preis für Malerei
1995 Preisträger, 24. Österreichischer Graphikwettbewerb Innsbruck
1999 26. Österreichischer Graphikwettbewerb Innsbruck, Preis der Landeshauptstadt Innsbruck
2017 Würdigungspreis für Bildende Kunst des Landes Niederösterreich
2019 Großes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich
Katalogtext zur Biennale Venedig 2013 (von F. Steininger):
"Als Einzelgänger in den achtziger Jahren distanzierte sich Jakob Gasteiger vom allgemeinen Kanon des Neo-Expressionismus, indem er in seiner Malerei einen minimalistischen, abstrakten Weg beschritt. Monochromie spielte hier eine gewichtige Rolle, Farbe als opake Struktur der Bildfläche, Malerei als Prozess, fern vom emotionalen und persönlichen Gestus. Diese Eigenschaften finden sich auch bei den Protagonisten der Radikalen Malerei, vor allem bei Marcia Hafif, Günter Umberg und Joseph Marioni, die die Malerei als analytische Praxis in ihren Dienst stellen. Das Englische hat zwei differenzierte Wörter für das deutsche Wort "Farbe": Farbton (als optischer Wert) und Farbanstrich (als taktiler Wert). Die Bilder dieser Künstler befinden sich in diesem Wechselspiel. Gemein ist ihnen auch eine Stille und Leere, eine Verweigerung gegenüber Bildinformation und Ausdruck des Künstlers als Schöpfer. Ebenso zentral ist die objekthafte Wirklichkeit des Kunstwerks, ein artifiziell geschaffenes Ding unter anderen Dingen und kein Mediator inhaltlicher, illusionärer oder metaphysischer Informationen.
Der entscheidende Impuls ist immer die handwerkliche Machart der Malerei, die in das Gemälde investiert wird: Jakob Gasteigers gestische Ausdrucksweise beschränkt oder konzentriert sich hauptsächlich darauf, den Kamm so durch die zuvor aufgetragene Farbpaste zu ziehen, dass eine anonyme, mechanische Machart im Vordergrund steht. Der individuelle Duktus scheint ganz in den Hintergrund getreten zu sein. Aus dieser klassischen Perspektive - wie Rembrandt oder de Kooning zum Beispiel den Pinsel verwenden - ist das Konzept der Malerei trotz aller auf der Bildebene sichtbaren malerischen Qualitäten und Effekte auf Gasteiger nur schwer anwendbar. Vielleicht ist es besser, vom „Machen“ oder „Produzieren“ von Bildern zu sprechen, ohne den persönlichen Impetus und die körperliche Anstrengung des Künstlers während des Arbeitsprozesses auszuschließen. Die Spur des Kamms ist im Endprodukt erkennbar, die Spur ist sichtbar. Manchmal integriert Gasteiger Dynamik und Schwung in seine Bilder, indem er mit seinem Instrument Bögen und Kreisformationen in der Farbpaste abgrenzt. Die gesamte Anstrengung des Körpers ist in die Arbeit eingeschrieben, da sie auf den zähen Widerstand der zuvor aufgetragenen Pastose-Farbschicht trifft."
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